Allianz für eine CO2-neutrale Schweiz
Oskar Seger (FDP), Beni Gautschi (CVP) und Lukas Reimann (SVP) haben den Verein «Allianz für eine CO2-neutrale Schweiz» gegründet. Das Ziel: Förster ermuntern, durch naturnahe Bewirtschaftung des Waldes CO2 zu kompensieren.
Die Freisinnigen und die SVP gelten nicht als Vorkämpfer gegen den Klimawandel: Sie versenkten im Nationalrat das CO2-Gesetz, auch weil ihnen Kompensationen im Inland zu weit gingen. SVP-Übervater Christoph Blocher erklärte danach, das «Modethema Klima» werde ohnehin vorbeiziehen.
Vor den Wahlen haben die beiden Parteipräsidenten reagiert und werben am kommenden Samstag für eine «liberale Klimapolitik». Knapp die Hälfte der SVP-Basis jedenfalls wünscht sich laut Tamedia-Wahlumfrage mehr Engagement der Volkspartei für den Klimaschutz. Die FDP hatte nach einer Mitgliederbefragung bereits umgeschwenkt.
Jetzt prescht SVP-Nationalrat Lukas Reimann mit einer eigenen Antwort auf die Klimastreiks und den Ruf der Basis nach bürgerlichen Lösungen vor. Zusammen mit einem FDP- und einem CVP-Lokalpolitiker hat er den Verein «Allianz für eine CO2-neutrale Schweiz» gegründet.
Der Verein bezahlt Waldbesitzer dafür, dass sie ihren Wald «naturnah» bewirtschaften. Das bedeutet, dass der Förster nur einzelne Bäume schlägt, diverse Arten hält, tote Bäume stehen lässt und pro abgeholztem Baum zwei neue nachpflanzt.
Durch die zusätzlichen Bäume wird CO2 gebunden – allein im Jahr 2019 sollen 100 Waldreservate 10’000 Tonnen absorbieren. Die Allianz analysiert per Satellitenbilder den Baumbestand in den Reservaten und verkauft die kompensierte Menge als CO2-Zertifikate an Firmen, die so ihre eigenen Emissionen reduzieren können. Der Vertrag für ein Waldreservat läuft für zehn Jahre.
«Sehe den Sinn in einigen grünen Anliegen»
Ist aus SVPler Lukas Reimann damit ein Grüner geworden? «Umweltbewusste Anliegen müssen ja nicht immer von den Grünen kommen», sagt er dazu zu 20 Minuten. Er sehe den Sinn in einigen grünen Anliegen, und er habe auch gelegentlich dafür gestimmt. «Ich fordere einfach nicht so viel wie die Grünen, sondern mache lieber.» Dass das Klima auch bei der SVP-Basis immer mehr ein Anliegen ist, sei ihm bewusst. Zum CO2-Projekt sagt er: «Es ist wichtig, dass freiwillig kompensiert werden kann und wenn möglich in der Schweiz.»
Mit an Bord ist auch der Wittenbacher Gemeinderat und Revierförster Beni Gautschi (CVP). Das Potential des Waldes für den Klimaschutz sei gross, sagt er. Heute sei es für Waldbesitzer aber nicht attraktiv, ihn so zu bewirtschaften, dass möglichst viel CO2 gebunden werde. Mit dem finanziellen Anreiz von 50 Franken pro Tonne steige das Interesse. Die Lösung unterscheide sich von links-grünen Konzepten, indem CO2 unbürokratisch und ohne Mahnfinger und Belehrungen erfolge.
Auch die Biodiversität könnte profitieren
Gautschi betont einen weiteren Vorteil der Waldreservate: Sie steigerten die Biodiversität. Diese profitiere, indem beispielsweise tote stehende Bäume Pilzen, Vögeln und Insekten Lebensraum böten. Auch werde das CO2 im Inland kompensiert, wodurch das Geld in der Schweiz bleibe. Angst, dass die Waldbesitzer nach Ablauf des Vertrages den Wald wieder auf maximalen Ertrag trimmen, hat Gautschi nicht: «Ein naturnaher Wald ist beständiger gegen Stürme oder Borkenkäfer, weshalb es keinen Sinn macht, auf maximale Ernte zurückzugehen.»
Ein Experte hat indes Zweifel am Ansatz des Vereins. Das Potential des Schweizer Waldes, noch mehr CO2 zu speichern, sei gering, sagt Jürgen Blaser, Dozent für Internationale Waldwissenschaft und Klimawandel an der Berner Fachhochschule (siehe Interview). Auch wenn ihr Projekt den Schweizer Ausstoss von 47,2 Millionen Tonnen Co2 kaum schmälert, sagt Gautschi, man wolle stetig wachsen. «Wir tun im Wald, was wir können und hoffen, dass weitere Initiativen folgen.»